Mit Kommissar Dupin durch den Süden der Bretagne – meine Reiseroute Teil III

Ein Labyrinth aus engen Gässchen - unterwegs in Douarnenez

Erst am Morgen wird mir die Schönheit meines Hotels in vollem Umfang bewusst: hatte ich gestern Abend auf Grund der einsetzenden Dunkelheit das Meer nur durch das nahe Rauschen der Wellen erahnen können, zeigt es sich mir beim Aufwachen in seiner vollen Pracht. Kurz hinter meinen Zehenspitzen brechen sich die Wellen.

Das Hotel „Les Sables Blancs“ in Concarneau ist keines dieser Hotels, bei denen man einen Aufpreis für ein Zimmer mit Meerblick bezahlen muss – hier haben einfach von Vornherein alle Zimmer einen freien Blick auf die Atlantikbucht. Ich kuschle mich nochmal unter meine Bettdecke, lausche dem Meer und beobachte, wie draußen der Tag anbricht.

Nach einem kurzen Frühstück mache ich mich erneut auf in Richtung Stadtzentrum. Nun, bei Tageslicht, präsentiert sich mir die Altstadt von Concarneau, die Ville Close, in ihrer ganzen Schönheit.

Wie eine schwimmende Festung liegt die Altstadt von Concarneau im Meer.

Wie eine schwimmende Festung liegt sie im Meer. Über eine kleine Zugbrücke gelange ich auf die ummauerte Insel, die vor allem in der Hochsaison ein beliebter Touristenort zu sein scheint (ich erfahre später, dass etwa 1,5 Millionen Touristen jährlich nach Concarneau kommen). Nun, im Oktober, sind die meisten Bars, Restaurants, Boutiquen und Crêperien geschlossen aber die schmalen Pflastergassen, gesäumt von den typisch bretonischen Granithäuschen mit ihren bunten Fensterläden, versprühen gerade jetzt, in der ruhigen Nebensaison, ihren Charme.

Abstecher in die Markthalle von Concarneau

Meinen ersten Termin habe ich im Restaurant L’Amiral, dem Lieblingslokal von Kommissar Dupin, in dem ich bereits gestern köstlich zu Abend gegessen habe. Es ist Samstag, die Oktobersonne strahlt vom Himmel und der Außenbereich des Restaurants ist dicht besetzt mit Einheimischen, die in der Zeitung blättern, ihren Morgenkaffee genießen und den Trubel um sich herum, von der Terrasse aus beobachten. Hier würde ich mich jetzt auch gerne für ein zweites, ausgiebiges Frühstück hinsetzen und dem einen oder anderen Gespräch am Nachbartisch lauschen, aber diesen Plan habe ich ohne Restaurantchefin Catherine gemacht. Bestens gelaunt hakt sie sich bei mir unter und schlendert mit mir durch die nahe Markthalle (ihr Mann Arnaud steht bereits wieder hinter dem Herd und bereitet mit seiner Koch-Crew die Mittagskarte vor)

Gastronomin und Kochbuchautorin Catherine Lebossé

Mit jedem der Händler hält die Gastronomin ein kurzes Gespräch und führt mich nebenbei in die feilgebotenen Waren ein. Wir schlendern vorbei an Ständen mit fangfrischem Fisch, knackigem Obst und Gemüse, den unterschiedlichsten Käsesorten und zahlreichen Fleisch- und Wursttheken, deren Köstlichkeiten mir schon wieder das Wasser im Mund zusammenlaufen lassen. In einer anderen Ecke warten die nächsten Versuchungen auf uns: Salzkaramell in allen Sorten und Formen, als Bonbon, als Creme, als süße Füllung von Gebäck; die runden Salzbutter-Kekse, die palets bretons, die mich bereits am Vortag in Pont Aven aus jedem Schaufenster anlachten, sind hier in Boxen zu Türmen gestapelt und eine weitere, typisch bretonische Spezialität bekomme ich hier auch endlich zu Gesicht: den Kouign Amann, den herrlich saftigen, bretonischen Butterkuchen.

Kommissar Dupins Lieblingsgerichte könnt ihr ab sofort zu Hause nachkochen.

Apropos: Der Grund, warum es für mich heute Vormittag nochmals ein Wiedersehen mit der Familie Lebossé gibt, hat natürlich erneut etwas mit Kommissar Dupin und dem Thema „Essen“ zu tun: Gemeinsam mit Jean-Luc Bannalec geben Catherine und Arnaud im November 2016 ihr erstes „Bretonisches Kochbuch“ heraus – natürlich, wie soll es anders sein, gefüllt mit den Lieblingsgerichten Kommissar Dupins.

Das Kochbuch werde ich erst bei meiner Rückkehr in Deutschland zu Gesicht bekommen, dafür habe ich heute die einmalige Gelegenheit mit der Gastro-Familie ein wenig Zeit zu verbringen.

Nach dem Abstecher in die Markthalle von Concarneau statten wir Catherines Mutter Marie Thérèse einen Besuch ab. Ihre Crêpes- und Galettes Backkünste sind berühmt-berüchtigt, erfahre ich von Catherine auf dem Hinweg, sodass es die rüstige Rentnerin sogar mit ins Bretonische Kochbuch geschafft hat. Hierzu müsst ihr wissen: Die Bretonen lieben Crêpes – schließlich haben sie die hauchdünnen Pfannkuchen aus Buchweizenmehl auch mal erfunden. In der Bretagne ist das Zubereiten von süßen Crêpes und ihrem herzhaften Pendant, den Galettes, eine nahezu heilige Prozedur. Es geht hier nicht nur um den Genuss allein, sondern um die Geselligkeit und das Zusammensein unter Freunden. Crêpes isst man nicht einsam am Küchentisch – man zelebriert sie in großer Runde.

Crêpes Backen in der Garage

Catherine hat nicht zu viel versprochen: ihre Mutter, Marie Thérèse ist ein wahres Goldstück und steht bereits einsatzbereit in ihrer kleinen Garage, die sie in eine private Crêperie umgewandelt hat. Zwischen Autoreifen und Handwerkskiste, hat sie sich eine kleine Kochinsel eingerichtet und vor ihr reihen sich bereits viele kleine Schüsselchen mit den späteren Füllungen: Schinken, Käse und Eier für die sogenannten „Gallettes complètes“ sowie selbstgemachten Salzbutterkaramell Aufstrich, Schokosoße und karamellisierte Apfelspalten für die süße Variante. Geduldig und konzentriert erklärt sie mir die einzelnen Schritte der Herstellung: Alles fängt mit dem Ei an, dann kommt schrittweise das Mehl mit etwas Wasser hinzu. Die Menge wird vorsichtig mit den Händen vermengt, dann folgt das Salz – bretonisches Meersalz aus den Salzgärten der Guérande selbstverständlich – dann nochmal ein Schuss Wasser.

Marie Thérèse arbeitet nach Gefühl, bearbeitet den Teig, vermengt, rührt, schlägt und hebt dadurch immer wieder etwas Luft mit unter. Nach einer Stunde Ziehen geht es an die Zubereitung: die Crêpesplatte wird erhitzt, liebevoll mit gesalzener Butter eingefettet und schon zischt die erste Kelle Teig auf die heiße Platte. Geschickt verteilt sie mit dem Teigrechen in Windeseile den Teig auf der Platte, fügt die Füllung hinzu (unverzichtbar: Butter bzw. herzhaftes Schweineschmalz) und klappt gekonnt mit dem Holzspatel die runden Teigfladen zu praktischen Taschen zusammen. Et voilà, es darf probiert werden!

Marie Thérèse – Meisterin im Crêpes-Backen

 

Nichts für die schlanke Linie: gesalzene Butter bzw. Schweineschmalz sind die Grundlage für die anschließende Füllung

Natürlich versuche auch ich mich an der Crêpes-Platte und scheitere kläglich. Mir fehlt einfach das richtige Fein- und Fingerspitzengefühl (und vermutlich auch die Übung) und nach zwei gescheiterten Versuchen entlässt mich Marie Thérèse an den bereits gedeckten Tisch in den Garten.

Mein Ergebnis sieht nicht ganz so appetitlich aus…

Mittlerweile ist auch die halbe Familie Lebossé auf der Sonnenterrasse zusammengekommen: Labrador Ginger springt temperamentvoll durch den Garten, eine Schar aus Enkeln, Nichten und Neffen wuselt durch die Gegend. Und die Crêpes und Galettes von Marie Thérèse sind zum Niederknien köstlich!

Bon appetit!

Auch bei der Familie Lebossé vergeht die Zeit viel zu schnell – gegen 15 Uhr mache ich mich auf den Weg zu meiner letzten Station meiner Reise: dem Ort Douarnenez. Douarnenez ist einer der Hauptschauplätze in Kommissar Dupins fünftem Fall „Bretonische Flut“. Vor allem ist die „Stadt der vier Häfen“ aber für die dortige Fischverarbeitung bekannt: hier findet sich der sechstgrößte Fischereihafen Frankreichs und natürlich werde ich auch hier kulinarisch nochmals auf meine Kosten kommen und die örtlichen Spezialitäten probieren.

Auf den Spuren der Sardine in Douarnenez

Die Stadt ist der komplette Kontrast zu den perfekt inszenierten, malerischen Touristenorte auf meiner bisherigen Reiseroute: zwar gibt es auch hier nette Boutiquen und ein lustiges Labyrinth aus kleinen Gassen, aber dennoch wird das Stadtbild von alten Fabrikgebäuden, Lagerhallen und Hafengelände geprägt. Ich treffe meinen Guide Fabrice am Office de Tourisme und mache mich mit ihm auf Erkundungstour durch den Ort. Wir folgen dem sogenannten „Chemin de la Sardine“ (Sardinen-Weg) – ein schöner Rundgang durch das Zentrum von Douarnenez – begutachten den fangfrischen Fisch in der Markthalle am Hafen und statten dem „La Maison de la Sardine“ einen Besuch ab. (Eine größere Auswahl an Sardinen-Produkten findet ihr vermutlich in der gesamten Bretagne nicht – ein wunderschöner Laden mit hochwertigen Keramikprodukten, tollen Souvenirs und – wie gesagt – Sardinen in jedweder Form!)

Die im Pflaster eingelassene Sardine, weist euch auf dem Chemin de la Sardine den Weg

 

Sardinen-Verkostung im Maison de la Sardine.

Mein letzter Abend in der Bretagne bricht an und das Fremdenverkehrsamt hat ein kleines Highlight bis zum Schluss meiner Reise aufgehoben: erschöpft von den ganzen Eindrücken, die ich an diesem dritten, intensiven Reisetag gesammelt habe, schlängle ich mein Auto durch die engen Gassen des Ortsteils Tréboul. Nach einer engen Linkskurve stehe ich vor meinem Domizil für die letzte Nacht: dem „Hotel Ty Mad“.

Im fünften Band „Bretonische Flut“ empfiehlt Assistentin Nolwenn Kommissar Dupin dieses Hotel mit den Worten: „Ein ungewöhnlich schönes Hotel und Restaurant vom Ende des 19. Jahrhunderts […]. Hier sind Sie völlig ungestört. Max Jacob, Picasso, Dior waren in den Dreißigern da, ein Ort, der eine außergewöhnliche Seele besitzt.“

Ja und nun stehe ich hier, vor diesem mit Efeu umrankten Haus, das Meer erneut in Hör- und Sichtweite. Im 19. Jahrhundert war der Ort ein beliebtes Seebad. Heute versprüht er seinen Reiz mit weißen, feinsandigen Stränden, einem kleinen Jachthafen, engen Pflastergassen und urigen Granithäusern.

Das Hotel Ty Mad – eines der schönsten Hotels der Bretagne

Die Zimmer im Hotel Ty Mad sind modern und komfortabel ausgestattet. Von meinem Zimmerfenster habe ich einen unglaublichen Blick auf das Meer, den benachbarten Kirchturm sowie den alten Friedhof, dessen Grabsteine majestätisch über dem Meer thronen.

Ausblick aus dem Zimmerfenster im Hotel Ty Mad

Bei einem köstlichen Abendessen im hoteleigenen Restaurant, lasse ich die vergangenen Tage nochmals Revue passieren. Ich habe wunderbare Menschen getroffen, die hier in der Bretagne ihren Traum leben, die der Leistungsgesellschaft der Großstädte den Rücken gekehrt haben, und hier ihrer Berufung nachgehen. Sie verzichten dabei vielleicht auf einen zusätzlichen Stern (Koch Arnaud in Concarneau), ein sicheres Einkommen (Salzbauer Laurent), Komfort (Austernbäuerin Béatrice) und geregelte Arbeitszeiten (Cidre-Bauer Gilles). Dennoch haben sie alle für sich, hier, in der Bretagne ihr Lebensglück gefunden.

Die Begegnungen haben mir zu denken gegeben und vielleicht kann ich ja, zurück in Deutschland, etwas von dem Savoir Vivre der Bretagne in meinen deutschen Alltag mit einbauen. Einen Versuch wäre es auf jeden Fall wert!

Mit Kommissar Dupin durch den Süden der Bretagne – meine Route von Tag 3 nochmals für euch anschaulich auf der Karte:

Startpunkt meiner Reiseroute ist Concarneau – Douarnenez – Tréboul – Brest
(Ein Klick auf die Marker und ein Textfenster öffnet sich.)

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Der Aufenthalt fand im Rahmen einer Kooperation mit dem Comité Régional du Tourisme de Bretagne statt. Der Artikel spiegelt die Meinung der Autorin wieder.

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